Sunday, March 17, 2013

Holländer, Sie schmeißen Autos in ihre Grachten aber ich liebe sie trotzdem!



Generell kann ich behaupten, eine Person zu sein, die sich über unglaublich lächerliche und dumme Dinge sorgen macht….ernsthaft!

Früher hatte ich einen sehr putzigen, kleinen und puffigen Smart. Zweisitzer, total cool! Obwohl ich manchmal wirklich bescheuert ausgesehen haben muss wenn plötzlich eine 1.90cm große deutsche Amazonas-Xena aus dem kleinen Wagen stieg. Egal, ich war immer sehr zufrieden. Es war eben mein allererstes Auto und ich habe es geliebt. Nun ja, es war eine ‚sie‘ den ich habe den Smart ‚Bertha‘ getauft. Mit Bertha für ich nun immer zwischen Bergkamen (meinem Heimatort) und Groningen (in den Niederlanden, wo ich studiere) hin und her um meine Familie und Freunde zu besuchen. Eines Tages, zur Zeit meines ersten Weihnachtens in Groningen, war es für mich nicht möglich mit Bertha nach Hause zu fahren. Es hatte so viel geschneit, dass alle Straßen komplett gefroren und rutschig vom Schnee waren. Sogar der Gedanke daran selber zu fahren kam einem Suizid gefährlich nahe. Also, als unabhängige und starke Frau, lies ich mich von so etwas wie Wetterbedingungen natürlich nicht einschüchtern und ich nahm frohen Mutes den Zug. Nun saß ich in dem ratternden warmen Abteil und neben mir raste eine weiße Schneelandschaft vorbei während ich Zeitung las. Plötzlich überflog ich einen Artikel der über neue hippe supercoole Aktivitäten unter jungen Holländern berichtete. Nein, nicht K**en…. Es drehte sich um das allerneuste aus Amsterdam: „Smart-Car dipping“. Wie bitte?! Smart sind sehr klein (logischerweise) und aufgrund dessen einfach anzuheben mit mehreren Personen. Smart sind auch üblicherweise nahe an den typisch holländischen Grachten geparkt, wo nur selten ein Zaun oder Geländer vorzufinden ist. Auch Bertha war zufälligerweise direkt vor einer Gracht geparkt. Es kam Leuten deshalb wohl sehr lustig vor, einfach mal eben so kleine unschuldige Smart Autos in den Kanal zu werfen und ihnen beim Ertrinken zu zugucken (http://www.justaguything.com/amsterdam-craze-smart-car-tipping). OMG! Heilige Scheiße! Ich habe mir fast in die Hosen gemacht vor Angst, dass irgendein dummer Idiot auf die Idee kommen könnte meine arme kleine Bertha für ein bisschen Spaß unter betrunkenen Freunden zu missbrauchen. Als ich diese Geschichte schließlich meiner Familie und meinen Freunden erzählte, nahmen es alle eher sehr gelassen entgegen. „Mein Schatz, es ist doch sowieso versichert!“. Egal was sie mir erzähltem, beruhigen konnte mich das nicht und ich war während der ganzen Weihnachtsferien besorgt, dass etwas so unglaublich lächerliches meiner armen Bertha zugestoßen sein könnte. Jetzt denke ich, ich bin manchmal geistig behindert. Ich habe keine Angst davor mit der schnellsten Achterbahn im ganzen Freizeitpark zu fahren und ich lehne mich auch mal über das Geländer um einen besseren Blick auf den großen Löwen im Zoo werfen zu können aber wenn es plötzlich darum geht ein kleines Smart Auto alleine zu lassen, werde ich verrückt. Ich kann einfach die ‚was wäre wenn‘ Gedanken, die anfangen sich in meinem Kopf zu stapeln, nicht aufhalten….

Wie auch immer, genug über mich. Dies ist mein allererster Blogeintrag jemals, also dachte ich schreibe einmal über mein Leben und so :P. Kurzgefasst, warum macht es Spaß in dem Land von Tulpen, Windmühlen und Gouda zu leben?...

Windmühlen, Tulpen und Gouda sind stereotypische Dinge, die Ausländer gerne mit den Niederlanden in Verbindung bringen. Zumal das Land sich gerade selber in einer Identitätskrise befindet kann niemand so richtig beantworten was die Niederlande als Kultur und Nation wirklich sind. Aber um ehrlich zu sein, wer kann das schon von sich behaupten? Deutschland hat das Natzi-Erbe und es tragen natürlich alle Deutschen immer Lederhosen und essen den ganzen Tag über Wurst. Die Spanier machen immer jeden Nachmittag eine Siesta und die Briten trinken immer Tee und sind besessen mit ihrer Königsfamilie. Es sind sich sicher alle einig, dass diese Vorurteile ein eher einseitiges und irgendwie limitiertes oder sogar falsches Bild der jeweiligen Gesellschaft und Kultur bietet. Deshalb sollte man sich klar machen, dass stereotypen meistens keine angemessene Beurteilung des Menschen wiederspiegeln. Dumme Idioten, schlaue Arschlöcher und schüchterne Denker kann man eben überall auf der Welt und in jeder Gesellschaft finden. Andererseits ist das menschliche Gehirn so konzipiert in Boxen zu denken und Wissen zu kategorisieren. Deswegen sind Stereotypen vielleicht ein guter Ansatz sich überhaupt irgendein Wissen über eine Kultur oder ein Land anzueignen. Man darf diese dann nur nicht zu ernst nehmen. Wenn man nämlich aufgeschlossen und mit offenem Herzen reist, kann man für sich selbst erkunden ob Stereotypen stimmen oder eher nicht Als ich damals in den Niederlanden ankam, kam mir alles sehr aufregend und anders vor aber der Kulturschock ebbt sehr schnell ab sobald man die negativen Seiten kennen lernt.  Vielleicht bezahlst du 400€ Miete im Monat für winziges und stinkendes Zimmer, eine Woche vergeht wo es nur regnet und der Wind pfeift während du auf dem Fahrrad zur Uni strampelst oder der Fertigsalat vom Albert Heijn kotzt dich so langsam an und du vermisst die selbstgemachte Kirschmarmelade von deiner Oma. Abgesehen davon kann es natürlich auch Spaß machen hier zu leben und daran sollte ich mich erinnern wenn ich mal wieder in einem gedanklichen Tief stecke und mich frage: „Was zum Teufel mache ich hier überhaupt?!“. Als ich zwei von meinen Freunden fragte, über ihre Sichtweise zu der oben gestellten Frage, hatten beide ein paar tolle Argumente die ich nun hier mit euch teilen will.
  

1. Erinnert euch, Holländer sind sehr kommunikativ!. Wenn ein Typ sagt, dass er dein neues Paar Jenas nicht hübsch findet, ist das nur eine ehrliche und direkte Antwort.  Er will dich nicht beleidigen. Der springende Punkt ist, du kannst ebenso direkt zu ihm sein und ihm direkt ins Gesicht sagen, dass sein neuer Haarschnitt bescheuert aussieht. 

2. Du bist immer herzlich eingeladen eine Kaffeepause zu nehmen! Unter guten Freunden wirst du häufig eingeladen werden, allerdings solltest diesen Gefallen erwidern und auch deine Freunde zurück einladen. 
 
  3. Snacks aus der Mauer! Vielen wird auffallen, dass diese ‚Snacks‘ wirklich abartig sind aber wen kümmert das schon nach 10 Bier. Nachts ist es besonders amüsant, betrunkenen Leuten dabei zuzugucken wie sie sich vor den normal aussehenden Mauer versammeln um ihren Hamburger aus dem metallfach zu ziehen.

  4. Holländer sind immer als erste mit dabei, wenn es darum geht, kontroverse Dinge zu legalisieren. Egal ob leichte Drogen oder Prostitution der generelle Hintergedanke ist:“ Solange wir es legalisieren, können wir es auch kontrollieren!“.
  5. Obwohl Holländer vielleicht nicht mehr so liberal und tolerant sind wie früher angepriesen, sind sie doch häufig interessiert an deiner Meinung. Ein interessantes Beispiel sind ‚Sinterklaas en zwaarte Piet‘ (mehr oder weniger der Ursprung von Nikolaus). Laut Wikipedia, die Tradition von Sinterklaas geht zurück bis ins Mittelalter und vielleicht noch weiter aber heutzutage ist es mehr ein moderne Feiertag (https://en.wikipedia.org/wiki/Sinterklaas). Für Ausländer erscheint dieser besondere Holländische Feiertag allerdings oft als sehr rassistisch wegen einer besonders auffälligen Kleinigkeit. Die Helfer von Sinterklaas heißen ‚zwaarte Piet‘ (schwarze Peter) und sind normalerweise dunkelhäutig, schwarzhaarig, eher dumm und natürlich sehr ehrgeizig dem dicken fetten weißhäutigem Nikolaus auszuhelfen wo sie nur können. Es ist deswegen nicht sehr überraschend, wenn plötzlich ein fetter, alter, weißer Europäer mit Bart kommt und eine Horde von schwarzen ihm ‚helfen‘ seinen Job zu erledigen vielen (besonders Amerikanischen) Touristen als rassistisch vor den Kopf stößt. Man muss für sich selbst entscheiden, ob der schwarze Peter nun ein schmachvolles Erinnerungsüberbleibsel Menschlicher Geschichte in moderne Kultur ist oder einfach nur eine populäre Feiertagsfigur, die beliebt ist bei kindern (Falls ihr mehr  über dieses Thema erfahren wollt, schaut euch diesen Artikel an: http://www.expatica.com/de/leisure/arts_culture/annual-zwarte-piet-debate-2394_9285.html). Nun denn, einen Großteil der Holländer die ich kennen lernen durfte, feiern ihre Traditionen gerne. Versteht mich nicht falsch, es bedeutet nicht, dass sie in irgendeiner Form beleidigen wollen. Es ist einfach, dass Geschichte soweit in den Köpfen der Menschen fortgeschritten ist, dass sie den schwarzen Piet wirklich nur als Tradition sehen und als Teil ihrer schmachvollen Geschichte. 

  6. Informalität in der Sprache! Ich liebe es! Fast nie wieder‘ Sie‘ und ‚du‘, ‚darf ich ihnen das du anbieten‘ Gelabber. Dieses Thema wurde fast sofort als Punkt von meinen Freunden angesprochen. Hierzu habe ich auch eine lustige Anekdote. In meinen ersten Monaten an der Uni kam nun bald der Zeitpunkt, wo ich meine erste Hausarbeit schreiben musste. Ich war mega nervös, denn die Hausarbeit musste natürlich auch auf Englisch geschrieben werden. Auf einem akademisch ansprechenden Niveau! Kann ich das überhaupt? Ich werde das niemals schaffen war mein allererster Gedanke. Ja Inder tat, das ist mein Selbstbewusstsein. Wie auch immer ich entschloss mich dazu eine Arbeit über das Demokratiedefizit im Europäischen Parlament zu verfassen. Hierfür wollte ich als Einleitung ein wirklich lustiges und feuriges Zitat von meinem Professor einbringen. Ich wollte natürlich keine Fehler machen und schon gar nicht wie ein Guttenberg rüberkommen, deswegen ging  ich zu meinem Professor und fragte ihn ob ich ihn freundlicherweise in meiner Arbeit zitieren könnte. Er schaute mich nur an wie ein Fisch. Er fand es nett, dass ich persönlich fragte aber das nächste Mal könnte ich auch einfach eine Mail schreiben und ihn auch auf ‚du‘ ansprechen.

  7. Letztlich, Essen. Und mit essen meine ich nicht die Holländische Küche. Tut mir leid Leute aber ich muss ehrlich sein. Typisch Holländische Gerichte und Zutaten sind  zum Beispiel Käse, Pfannkuchen oder Stampot (Kartoffelpüree mit Gemüse und Fleisch gemischt, welches traditionell mit Endiviensalat gegessen wird). Dies sind nur 3 Gerichte, die mir jetzt gerade einfallen. Es gibt natürlich noch mehr aber ich kenne sie nicht. Wie auch immer, was ich hier sagen möchte, ist das die schiere Auswahl an verschiedenen Essenszutaten und Restaurants die man in den Niederlanden vorfindet  ist was ich am meisten an der Esskultur mag. Egal ob Europäische Küche, Arabisch oder Asiatisch fast alle Zutaten und Gerichte können im Albert Heijn um die Ecke oder beim nächsten Restaurant bestellt werden. Ich mag diesen Luxus besonders, da ich in meinem Heimatort eher nicht so eine große Auswahl an verschiedenen Essensmöglichkeiten hatte. Verschieden Asiatische oder Arabische Zutaten waren oft schwer zu bekommen und man musste schon in die nächst größere Stadt fahren.

Also, vergesst nicht stark zu bleiben und euch an einem regnerischen Tag in Holland daran zu erinnern, warum es Spaß macht und toll ist hier zu sein. Nun ja, das lässt sich immer so leicht sagen, aber versuchen kann man es ja trotzdem. Das war es von mir und meinem ersten Blogeintrag. Scheut euch nicht, Kommentare abzugeben ;)! Vielen Dank fürs lesen! Zum Abschluss noch ein kleiner Clip über Groningen von der populären BBC TV Sendung QI. (Wenn euer Englisch nicht ganz mit kommt, stellt sicher, dass ihr die Untertitelfunktion eingestellt habt!)





groetjes!



Lisa

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